Leerstand in den Innenstädten – Lösung durch Business Improvement Districts?

  • Einleitung

Leerstand und Verödung in den Innenständen ist nicht erst seit der Corona-Pandemie und den damit verbundenen Veränderungen der Lebens- und Arbeitswelt ein Thema. Allerdings haben die Folgen und Beschränkungen der Corona-Pandemie die Situation verschärft. Wenn Paketlieferungen für viele Bürger zum täglichen Standard werden, fehlen diese Kunden in den Innenständen.

Die Städte und Gemeinde können zur Wiederbelebung bzw. zum Erhalt der Innenstände Anreize schaffen und Unterstützung geben. Ohne Privatinitiativen der betroffenen Eigentümer sind solche Maßnahmen aber selten erfolgreich. Diese Erkenntnis ist nicht neu. Die Idee der BIDs wurde in nordamerikanischen Innenstädten als Reaktion auf die wachsende Konkurrenz durch Einkaufszentren entwickelt und zwar vor mehr als einem halben Jahrhundert. Einer der Vorteile von Einkaufszentren gegenüber den Einkaufsbereichen in gewachsenen Innenstädten ist, dass sie ein zentrales Management haben, das für eine differenzierte Einzelhandelsstruktur sorgt, ein sauberes und einheitliches Erscheinungsbild wahrt und Werbemaßnahmen der Mieter koordiniert. Diese Eigenschaften von Einkaufszentren sollten durch BIDs auch in Innenstädten erreicht werden. Das erste BID wurde 1970 in Toronto (Kanada) eingerichtet: Bloor West Village. Weltweit gibt es inzwischen mehr als 1.800 BIDs.

Ein BID ist ein Zusammenschluss von Grundstückeigentümer (Quartiersgemeinschaft), die ihren Standort durch bestimmte Maßnahmen aufwerten wollen. Durch standortbezogene Maßnahmen soll die Funktionsfähigkeit (§ 1 GQP) bzw. Attraktivität (§2 Abs. 2 GQP) gesteigert werden. Dabei sind die Maßnahmen „on top“ der gesetzlichen Aufgaben der Gemeinde. Ziel ist die Schaffung eines sicheren, einladenden und prosperierenden Stadtquartiers für Gewerbetreibende, Bewohner und Kunden.

         Steigerung der Konkurrenzfähigkeit

         Werterhalt und Steigerung der Immobilien

Die Gemeinde kann auf Antrag der Quartiersgemeinschaft den Aufwertungsbereich durch Satzung festlegen.

Bis sich diese Idee auch in Deutschland durchgesetzt hat, hat es einige Jahrzehnte gedauert. Inzwischen sind aber auch in einigen deutschen Bundesländern BIDs und entsprechende gesetzliche Grundlagen vorhanden. Eine Vorreiterrolle nimmt hier Hamburg ein. Aber auch das Saarland, Bremen, Hessen, Berlin, NRW, Schleswig-Holstein, Rheinland-Pfalz, Niedersachsen und Sachsen haben BIDs.

  • Regelung in Baden-Württemberg

Baden-Württemberg hat zwar seit 2015 ein auf Grundlage von § 171 f BauGB erlassenes „Gesetz zur Stärkung der Quartiersentwicklung durch Private“ (im Folgenden GQP), aber bisher kein durchgeführtes BID.

Voraussetzung eines BID ist ein Zusammenschluss von mindestens sieben Eigentümern im Quartier durch Gründung einer sog. Quartiersgemeinschaft. Anders als die Regelungen anderer Bundesländer sieht das Gesetz in Baden-Württemberg keine Beteiligung anderer Akteure, insbesondere der Mieter vor.

Trotz Unterstützung der IHKs und Versuchen in mehreren Städte, konnte bisher kein BID zum Erfolg geführt werden.

  • Möglichkeiten und Grenzen

BIDs machen dann Sinn und haben Erfolg, wenn die Quartiersgemeinschaft aus relativ relativ strukturierten Eigentümern besteht und die große Mehrheit der Eigentümer das Projekt unterstützen. Dies hat regelmäßig zur Folge, dass das Gebiet nicht zu groß gezogen werden sollte.

Der große Vorteil gegenüber rein freiwilligen Initiativen liegt in der Zahlungspflicht anders. Bei rein privaten Initiativen kommt es in der Regel zum sog. Trittbrettfahrer-Problem. Dieses Problem wird beim BID umgangen, da grds. alle Eigentümer beteiligt werden. Ausnahmen gibt es für nicht wirtschaftlich nutzbare Grundstücke, Grundstücke des Gemeinbedarfs und bei Wohnnutzung.

Bei den möglichen Maßnahmen ist der  Fantasie der Beteiligten erst mal wenig Grenzen gesetzt, auch wenn – und das sollte immer beachtet werden – der Gemeinderat den geplanten Maßnahmen am Ende zustimmen muss, damit ein BID auch in die Umsetzungsphase gelangen kann. Als mögliche Maßnahmen zählt § 2 Abs. 2 GQP auf:

WerbungAußenbereichsgestaltungBaumaßnahmen
SauberkeitSicherheitUnterhaltung
NutzungskonzepteOrdnungBewirtschaftung
KooperationenVeranstaltungenPflegemaßnahmen

Finanziert werden die Maßnahmen durch eine als nach überwiegender Meinung nichtsteuerliche Sonderabgabe einzuordnende Abgabe. Abgabenpflichtig sind alle Eigentümer mit den oben genannten Ausnahmen. Verteilungsmaßstab ist nach § 6 Abs. 5 GWP festzulegen, dabei spielen der Einheitswert, Art und Maß der baulichen Nutzung, Grundstücksfläche, Grundstückslänge entlang der Geschäftsstraße sowie die Nutz- und Ladenfläche eine Rolle.

  • Schritte zur Gründung eines BID

Bis zur erfolgreichen Umsetzung eines BIDs sind mehrere Phasen zu durchlaufen. Das GQP sieht vier Phasen vor.

Vorbereitungsphase

  1. Gründung einer Quartiersgemeinschaft und Festlegung einer Rechtsform
  2. Gebietsabgrenzung und Festlegung des eigentümergetragenen Aufwertungsbereiches
  3. Festlegung der Laufzeit des eigentümergetragenen Aufwertungsbereich (max. fünf Jahre)
  4. Erstellung eines Maßnahmen- und Finanzierungskonzepts
  5. Einigung auf einen Verteilungsmaßstab für die Abgabenerhebung
  6. Einholung der schriftlichen Zustimmungserklärung von mindestens 15 Prozent der Abgabenpflichtigen, denen mindestens 15 Prozent der Grundstücksfläche gehören Antragstellung

Gründungsphase

Die daran anschließende, eigentliche Gründungsphase unterteilt sich in drei Phasen. Zunächst muss der Antrag gestellt werden. Neben der oben genannten Zustimmungserklärung müssen die Antragsunterlagen eine genaue räumliche Bezeichnung, ein Maßnahmen- und Finanzierungskonzept und die Angabe eines Verteilungsmaßstabs (§ 6 Absatz 5) enthalten.

Nach Antragseinreichung schließt sich die Prüfung der Gemeinde an, die mit einer Ermessensentscheidung endet. Ist diese grundsätzlich positiv, folgt die öffentliche Beteiligung und im Anschluss der Satzungsbeschluss.

Umsetzungsphase

Nach dem rechtskräftigen Satzungsbeschluss folgt die eigentliche Umsetzung der geplanten Maßnahmen durch den Aufgabenträger. Dafür erhebt die Gemeinde auf Grundlage des jährlichen Maßnahmen- und Finanzierungsplans von den Eigentümern Abgaben und prüft mindestens jährlich die ordnungs- und zweckmäßige Mittelverwendung

Abwicklung oder Weiterführung

Nach Abschluss des im Maßnahmen- und Finanzierungsplan vorgesehenen Zeitraums müssen die Eigentümer entscheiden, ob sie das BID fortsetzen wollen oder die Quartiersgemeinschaft abwickeln.

  • Ausblick

Das BIDs ein sinnvolles Werkzeug sind, um Innenstädte zu beleben, zeigen die Vielzahl erfolgreich umgesetzter Projekte in den letzten Jahrzehnten. Das es in Bade-Württemberg bisher kein erfolgreich durchgeführtes Projekt gibt, dürfte auch mit der gesetzlichen Regelung zu tun haben. Allerdings scheint es derzeit neue Initiativen zu geben, bedingt auch durch Fördermittel. Und ein erstes erfolgreiches Projekt wird sicherlich Nachahmer nach sich ziehen. Es ist daher zu wünschen, dass sich an mehreren Standorten Eigentümer zu solchen Initiativen zusammentuen.  Und auch gescheiterte Projekte zeigen dem Gesetzgeber hoffentlich deutlich, wo Verbesserungspotential besteht.

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