WEG sind Verbraucher

Der Bundesgerichtshof hat am 25.03.2015 in gleich drei Fällen die umstrittene Frage geklärt, wann und unter welchen Voraussetzungen Wohnungseigentümergemeinschaften (WEG) Verbraucher sind. Das Ergebnis ist: Fast immer.

I. Hintergrund

In der Rechtsprechung war seit längerem umstritten, ob und unter welchen Voraussetzungen WEG als Verbraucher einzuordnen sind.

Verbraucher ist nach § 13 BGB jede natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu Zwecken abschließt, die überwiegend weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbstständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden können. Der Begriff des Verbrauchers ist dabei von demjenigen des Unternehmers abzugrenzen. Unternehmer ist nach § 14 BGB eine natürliche oder juristische Person oder eine rechtsfähige Personengesellschaft, die bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbstständigen beruflichen Tätigkeit handelt.

Diskutiert wird die Frage seit der gesetzlichen Anerkennung der Teilrechtsfähigkeit der WEG im Jahr 2007. Zuvor war allgemein anerkannt, dass die einzelnen Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft Verbraucher sein können. Die WEG selbst passte allerdings nicht mehr unter dem Wortlaut des § 13 BGB. Dieser spricht von natürlichen Personen.

Der Bundesgerichtshof hat aber relativ schnell für Gesellschaften bürgerlichen Rechts anerkannt, dass es sich auch dabei um Verbraucher im Sinn des § 13 BGB handeln kann. Er hat dies damit begründet, dass es sich bei Gesellschaften bürgerlichen Rechts weder um juristische noch um natürliche Personen handelt sondern um sonstige rechtsfähige Gruppen. Es war weitgehend anerkannt, dass diese Rechtsprechung auf WEG übertragbar war.

Im Anschluss war dann die Frage auch weniger, ob WEG Verbraucher sein können, sondern vielmehr unter welchen Voraussetzungen. Mussten alle Mitglieder der WEG Verbraucher sein? Was geschah bei Beteiligung eines gewerblichen Vermieters? Galt eine 50% Regelung? Oder genügte es letztlich, wenn nur ein Mitglied der WEG Verbraucher war? Der Bundesgerichtshof hat diese Frage nun entschieden und sich der zuletzt genannten Auffassung angeschlossen.

II. Urteil des BGH

Der BGH hat im Rahmen von drei Entscheidungen am 25.03.2015 entschieden, dass eine Wohnungseigentümergemeinschaft immer dann Verbraucher ist, wenn jedenfalls eines ihrer Mitglieder Verbraucher im Sinn des § 13 BGB ist.

Der Entscheidung des Bundesgerichtshofs lag die Frage zugrunde, ob eine in einem Gaslieferungsvertrag enthaltene formularmäßige Preisanpassungsklausel mit einer WEG wirksam ist. Nach dieser Klausel bestimmt sich der Preis für die Lieferung von Gas zu einem bestimmten Zeitpunkt ausschließlich in Abhängigkeit von der Preisentwicklung für Heizöl. Die WEG hatte argumentiert, dass diese Regelung in allgemeinen Geschäftsbedingungen der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 BGB nicht standhalte. Der Bundesgerichtshof hatte bereits zuvor zu ähnlichen Klauseln entschieden, dass sie gegenüber Unternehmern wirksam, gegenüber Verbrauchern aber unwirksam sind. Es kam somit entscheidend auf die Einordnung der WEG als Verbraucher an.

Der Bundesgerichtshof begründete seine Entscheidung damit, dass eine natürliche Person ihre Schutzwürdigkeit als Verbraucher nicht dadurch verlieren solle, dass sie Mitglied einer WEG wird. Dies umso mehr, als die Mitgliedschaft in der WEG durch den Erwerb von Wohnungseigentum Kraftgesetzes zwingend eintritt. Der Verbraucher, der Eigentümer einer Wohnung wird, kann die (Zwangs-) Mitgliedschaft also nicht verhindern. Die WEG ist im Interesse des Verbraucherschutzes der in ihr zusammen geschlossenen, nicht gewerblich handelnden natürlichen Personen regelmäßig einem Verbraucher gleich zustellen. Dies gilt nach dem Bundesgerichthof immer dann, wenn wenigstens ein Mitglied der WEG Verbraucher ist und sie ein Rechtsgeschäft zu einem Zweck abschließt, der weder einer gewerblichen noch einer selbstständigen beruflichen Tätigkeit dient. Die WEG handle zudem beim Abschluss von Rechtsgeschäften mit Dritten in der Regel, und so auch im konkreten Fall, zur Deckung des eigenen Bedarfes und damit nicht zu gewerblichen Zwecken.

Die Einordnung der WEG als Verbraucher gilt nach dem Urteil des Bundesgerichtshofs auch dann, wenn die Wohnungseigentümergemeinschaft bei Vertragsschluss durch eine gewerbliche Hausverwaltung vertreten wird. Für die Abgrenzung von unternehmerischem und privatem Handeln komme es nämlich nicht auf die Person des Stellvertreters, sondern auf diejenigen des Vertretenen an.

III. Rechtsfolgen

Die Entscheidung des BGH zeigt einmal mehr, welche überragende Bedeutung dem Verbraucherschutz durch die Rechtsprechung zugewiesen wird. Dafür nimmt der BGH sogar in Kauf, dass sich zukünftig gewerbliche Vermieter auf Verbraucherschutz berufen können, sobald sie einen Verbraucher an der WEG beteiligen. Es bleibt abzuwarten, wie der BGH entscheidet, wenn einmal tatsächlich ein gewerblicher Vermieter klagt dem 90% der WEG-Anteile zustehen.

Folgen hat die Entscheidung für sämtliche Rechtsgeschäfte von WEG. Dies betrifft insbesondere die Einbeziehung von allgemeinen Geschäftsbedingungen und andere nur Verbrauchern zustehende Rechte wie Widerrufsbelehrungen. Für die Einbeziehung allgemeiner Geschäftsbedingungen gelten die Sonderregelungen der § 305 Abs. 3, 308 ff. BGB, was zu erhöhten Anforderungen an die Einbeziehung führt. Dies gilt insbesondere auch für die VOB/B. Eine Einbeziehung gegenüber Verbrauchern ist im Regelfall nicht möglich. Jedenfalls sind einzelne Klauseln der VOB/B gegenüber Verbrauchern unwirksam. Doch in Kaufverträgen gelten Besonderheiten für die Mängelrechte nach § 475 ff. BGB. Außerdem können von Verbrauchern die Sicherungsrechte für Bauunternehmen nach §§ 632a, 648, 648a BGB nicht oder  unter erschwerten Voraussetzungen verlangt werden.

Bauunternehmen sollten sich dieser Problematik bewusst sein, wenn sie AGB mit WEG vereinbaren. So ist z.B. die wirksame Vereinbarung eines Gerichtsstands nicht möglich. Auch sollten Bauunternehmen darauf achten, sich vertraglich Sicherheiten auszubedingen. Dies gilt insbesondere auch dann, wenn die WEG durch einen fachkundigen und Bauerfahrenen Verwalter vertreten wird. Der Auftritt des Verwalters nach außen darf nicht darüber hinweg täuschen, dass dahinter Verbraucher stehen. Bei Beauftragung durch ein WEG-Mitglied, etwa einen gewerblichen Vermieter, ist zu prüfen, ob die Beauftragung für das einzelne Mitglied oder für die WEG insgesamt erfolgt.

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