Widerrufsrecht bei Verbraucherbau- und Architektenverträgen

Die Parteien der Großen Koalition haben im Koalitionsvertrag eine Novellierung des Bauvertragsrechts, insbesondere im Hinblick auf den Verbraucherschutz für Bauherren und Immobilieneigentümer vereinbart. Nach dem jetzt vorliegenden Referentenentwurf des BMJ soll es aber nicht bei verbraucherschützenden Regelungen bleiben. Geplant ist vielmehr das Werkvertragsrecht des BGB um spezielle Regelungen für den Bauvertrag, den Verbraucherbauvertrag sowie den Architektenvertrag und den Ingenieurvertrag zu ergänzen.

Nach dem Koalitionsvertrag die wichtigsten Vorschriften in dem Referentenentwurf sind diejenigen zum Verbraucherschutz. Dabei ist wiederum eine Regelung zentral, nämlich das Widerrufsrecht bei Verbraucherbauverträgen.

1. Bisherige Rechtslage

Bereits im letzten Jahr wurden die Regelungen zum Widerrufsrecht aufgrund europarechtlicher Vorgaben verschärft und die Rechtsstellung des Verbrauchers gestärkt. Die damalige Neuregelung brachte auch erhebliche Änderungen für Werkverträge mit sich. Dies habe ich in meinem damaligen Beitrag erläutert.

Die bisherige Rechtslage sieht allerdings in § 312 Abs. 2 Ziff. 3 BGB eine Ausnahme vom Widerrufsrecht bei Verträgen über den Bau von neuen Gebäuden oder bei Verträgen über erhebliche Umbaumaßnahmen an bestehenden Gebäuden vor. Die erheblichen Umbaumaßnahmen müssen einem Neubau vergleichbar sein. Der europäische Gesetzgeber ging davon aus, dass die Rechtsfolgen der Richtlinie für solche Verträge nicht passen.

Anders war dies schon bisher bei Architektenverträgen. Für diese besteht seit 2014 nach ganz überwiegender Ansicht ein Widerrufsrecht, wenn der Vertrag außerhalb der Geschäftsräume des Architekten abgeschlossen wird. Damit verbunden sind die Folgen des § 357 Abs. 8 BGB. Der Architekt ist also Rückzahlung der Vergütung verpflichtet, wenn er Leistungen erbringt ohne den Verbraucher auf das Widerrufsrecht hinzuweisen. Die Ausnahme des § 312 Abs. 2 Ziff. 3 BGB ist meines Erachtens auf Architektenverträge nicht anwendbar. In den Erwägungsgründen zur Richtlinie ist der Architektenvertrag nicht erwähnt. Diese beschäftigt sich ausschließlich mit Bauverträgen. Auch der Wortlaut spricht allein von Verträgen über den Bau einer Immobilie oder erhebliche Umbaumaßnahmen. Planungsleistungen sind danach von der Ausnahme nicht umfasst.

2. Geplante Neuregelung

Der Referentenentwurf sieht in § 650 k-E ein Widerrufsrecht für Verbraucherbauverträge vor, es sei denn, der Vertrag wurde notariell beurkundet. Der Entwurf führt damit zwei neue Gesetzesbegriffe ein. Denjenigen des Bauvertrages und denjenigen des Verbraucherbauvertrages. Beide Begriffe werden im Gesetz definiert. Ein Bauvertrag ist danach ein Vertrag über die Herstellung, Wiederherstellung, den Umbau eines Bauwerkes, einer Außenanlage oder eines Teils davon. Umbaumaßnahmen sind dem gleichzustellen, wenn diese für die Konstruktion oder den bestimmungsgemäßen Bestand des Gebäudes von wesentlicher Bedeutung sind. Verbraucherbauverträge sind Verträge, durch die der Unternehmer von einem Verbraucher zum Bau eines neuen Gebäudes oder zu erheblichen Umbaumaßnahmen an einem bestehenden Gebäude verpflichtet wird.

Die Widerrufsfrist beträgt auch hier 14 Tage. Im Übrigen weichen die Vorschriften zum Widerrufsrecht bei Verbraucherbauverträgen aber von denjenigen zu sonstigen Verträgen ab. Der Gesetzesentwurf sieht deshalb die Neueinführung der § 356 d-E und § 357 d-E vor.

Nach § 356 d-E erlischt das Widerrufsrecht spätestens mit der ersten Abschlagszahlung durch den Verbraucher oder 12 Monate und 14 Tage nach dem Vertragsschluss. Während die zweite Regelung derjenigen in § 356 Abs. 3 Ziff. 2 BGB entspricht ist das Erlöschen des Widerrufsrecht mit der ersten Abschlagszahlung eine neue Regelung, die sich bisher im Gesetz nicht findet.

Auch die im § 357 d-E enthaltenen Regelung zu Rechtsfolgen des Widerrufs bei Verbraucher Bauverträgen weichen von den üblichen Widerrufsfolgen ab. Nach der vorgeschlagenen Regelung ist der Verbraucher verschuldensunabhängig zum Wertersatz verpflichtet, auch dann, wenn er über das Bestehen eines Widerrufsrechts nicht belehrt wurde. Bei der Berechnung des Wertersatzes ist die vereinbarte Vergütung zu Grunde zulegen. § 357 Abs. 8 Ziff. 3 BGB soll für Verbraucherbauverträge nicht gelten.

3. Folgen und Bewertung

Ein Widerrufsrecht für Bauverträge ist durch das Europarecht nicht vorgegeben. Der europäische Gesetzgeber hat in seiner Richtlinie vielmehr eine Ausnahme für solche Verträge vorgesehen. Der deutsche Gesetzgeber geht mit der vorgeschlagenen Regelung im Verbraucherschutz somit über die Vorgaben des Europarechts hinaus.

Die Umsetzung erfolgt allerdings nicht durch Streichen der Bereichsausnahme in § 312 Abs.2 Ziff. 3 BGB mit der für den Bauunternehmer möglicherweise existenzbedrohenden Folgen des § 357 BGB, sondern durch Schaffung einer völlig neuen Regelung zum Widerrufsrecht und den Folgen. Durch die Reglungen in § 356 d-E und § 357 d-E wird das Widerrufsrecht und seine Folgen abgemildert. Insbesondere das Erlöschen des Widerrufrechts nach der ersten Abschlagszahlung und die immer bestehende Pflicht zum Wertersatz sind für den Bauunternehmer wesentlich günstiger als die Regelungen für andere Werkverträge.

Dies ist allerdings inkonsequent und hat eine gewisse Ungleichbehandlung im Gesetz zur Folge. Handwerker, die nur Teilleistungen erbringen und Architekten treffen schärfere Widerrufsfolgen als Bauunternehmer, die einen Neubau erstellen. Dies lässt sich auch nicht mit dem Grund der Ausnahme bei Bauverträgen begründen, dass die Leistungen oft auf fremden Grundstücken erfolgen und eine Rückgabe in Natur ausgeschlossen ist. Dies gilt auch bei vielen sonstigen Maßnahmen von Handwerkern, z.B. der Erneuerung der Elektrik.

Insgesamt stärkt die Vorschrift den Verbraucherschutz, allerdings nur vor Beginn der Bauarbeiten. Danach schützt das Widerrufsrecht den Verbraucher nicht oder nur begrenzt, weil es entweder erloschen ist (Abschlagszahlung) oder die Ausübung des Widerrufrechts teuer wird (Wertersatz). Außerdem ist die Bevorzugung des Werkunternehmens bei Bauverträgen gegenüber Architekten oder auf dem Bau tätige Werkunternehmer im Übrigen nicht überzeugend.

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