Risiko Bezahlung der Miete durch Dritte (Drittzahlungen)

In der Praxis kommt es immer wieder vor, dass Mietzahlungen nicht durch den Mieter, sondern durch einen Dritten geleistet werden. Der Vermieter kann sich dagegen scheinbar nicht wehren, es sei denn, der Mieter widerspricht der Drittzahlung (§ 267 Abs. 2 BGB). Ist es denn nicht wichtig, woher die Mietzahlung kommt? Nach dem Motto: Hauptsache das Geld ist da! Für den Vermieter ist es aber nicht nur wichtig, dass er die Mietzahlung erhält. Wichtig ist auch, dass er die Zahlung behalten darf. Und genau hier liegt das Problem. Wenn der zahlende Dritte in die Insolvenz gerät, sind die von ihm geleisteten Zahlungen für die Dauer von 4 Jahren anfechtbar. Der Insolvenzverwalter kann also in dem Insolvenzverfahren des zahlenden Dritten die Mietzahlungen vom Vermieter für die Dauer von 4 Jahren zurückfordern. Das geht zwar nicht in allen Fällen, sondern nur wenn der Mieter selbst im Zeitpunkt der Zahlung durch den Dritten insolvent war (so die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, Urteil vom 16.11.2007, VIIII ZR 194/04).

Häufig deuten Zahlungen durch Dritte darauf hin, dass der Mieter selbst in Zahlungsschwierigkeiten steckt. Das gilt auch bei gewerblichen Mietverhältnissen.

Beispielsfälle:

Fall 1: Familienbetrieb mit Einzelunternehmer

Wenn ein Familienbetrieb in wirtschaftlichen Schwierigkeiten steckt, z.B. das Finanzamt oder andere Gläubiger das Firmenkonto gepfändet haben, besteht das Interesse der Unternehmerfamilie häufig darin, den Betrieb trotzdem zu erhalten. Um keine Kündigung des für den Betrieb notwenigen Mietverhältnisses zu riskieren, wird die Mietzahlung trotzdem bewirkt, aber nicht durch den Mieter, sondern durch einen Familienangehörigen. Wenn das zahlende Familienmitglied später selbst in die Insolvenz gerät, kann der Insolvenzverwalter die Mietzahlungen für die Dauer von 4 Jahren nach § 134 Insolvenzordnung anfechten.

Fall 2: Mietzahlung durch Konzerngesellschaft

In Konzernen werden Verbindlichkeiten einer Konzerngesellschaft gegenüber Dritten häufig durch eine andere Konzerngesellschaft bedient. Dafür gibt es in der Regel einen Innenausgleich zwischen den Konzerngesellschaften, der in unterschiedlicher Form organisiert werden kann. Der Vermieter hat darin ebenso wenig einen Einblick wie er die Bonität seines Mieters zuverlässig beurteilen kann. Gerät dann die mietende Konzerngesellschaft in die Insolvenz, ist es nicht unwahrscheinlich, dass auch die zahlende Konzerngesellschaft Insolvenz anmelden muss. Auch hier besteht wieder eine Situation, in der die Mietzahlungen durch einen Dritten geleistet wurden und für die Dauer von 4 Jahren nach § 134 Insolvenzordnung anfechtbar sind.

Das Dilemma des Vermieters

Wenn der Vermieter Mietzahlungen durch einen Dritten erhält, erkennt er das Risiko und kann es nicht verhindern. Da die Zahlung des Dritten nach § 267 Abs. 2 BGB nicht zurückgewiesen werden kann, hat der Vermieter mit der Drittzahlung die geschuldete Miete erhalten. Er kann also nicht wegen eines aufgelaufenen Mietrückstandes das Mietverhältnis kündigen. Der Vermieter hat aber bei jeder Drittzahlung das Risiko, dass der Dritte in die Insolvenz gerät und jede Mietzahlung für die Dauer von 4 Jahren vom Insolvenzverwalter zurückgefordert werden kann.

Ursache des Dilemmas

Die Ursache des Dilemmas liegt einerseits in der Regelung des § 267 Abs. 2 BGB. Leistungen eines Dritten können nicht zurückgewiesen werden, solange der Schuldner selbst nicht widerspricht. Die Ursache des Dilemmas liegt andererseits in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zur Schenkungsanfechtung nach § 134 Insolvenzordnung. Zahlungen eines Dritten sind in der Insolvenz des Dritten anfechtbar, wenn der Zahlungsempfänger für die Zahlung keine Gegenleistung gewährt hat. Die Gegenleistung besteht hier in dem Verlust einer Forderung, nämlich den Verlust der Mietzinsforderung gegen den Mieter, die durch die Drittzahlung erfüllt wurde. Dieser Verlust der Mietverbindlichkeit wird von der Rechtsprechung aber nicht als Gegenleistungen anerkannt, wenn die Verbindlichkeit im Zeitpunkt der Zahlung des Dritten wertlos war. Das ist dann der Fall, wenn der Mieter im Zeitpunkt der Zahlung selbst zahlungsunfähig war.

Lösungsmöglichkeiten

Zur Lösung des Dilemmas des Vermieters werden 2 Lösungen diskutiert:

1. Die insolvenzrechtliche Lösung

Der Vermieter hätte kein Interesse daran, die Drittzahlung zurückzuweisen, wenn er sicher wäre, dass er diese Drittzahlung auch dauerhaft behalten darf. Dazu müsste der Bundesgerichtshof seine Rechtsprechung ändern. Im Kern geht es um die Auslegung des Begriffs „unentgeltlich“ in § 134 Insolvenzordnung. Sofern eine Drittzahlung dann nicht als unentgeltlich behandelt würde, wenn die mit der Drittzahlung erfüllte Verbindlichkeit zum Zahlungszeitpunkt bestand, unabhängig davon, ob der Schuldner zu diesem Zeitpunkt zahlungsfähig war oder nicht, wäre die Schenkungsanfechtung bei Drittzahlungen ausgeschlossen. Das Dilemma des Vermieters wäre gelöst.

Die Rechtsprechung des Bundesgerichthofes besteht aber schon seit vielen Jahren. Sie ist dogmatisch gut begründet und nichts deutet darauf hin, dass der Bundesgerichtshof seine Rechtsprechung ändern wird. Deshalb muss die Lösung auf eine andere Weise gesucht werden.

2. Schuldrechtliche Lösung

Wenn Drittzahlungen für die Dauer von 4 Jahren mit einem Anfechtungsrisiko im Falle der Insolvenz des Dritten behaftet sind, hat der Vermieter ein berechtigtes Interesse die Drittzahlung zurückzuweisen. Dann wäre nämlich die Verbindlichkeit des Mieters nicht erfüllt. Der Mieter müsste dann selbst die Miete zahlen oder der Vermieter könnte wegen Zahlungsrückstandes das Mietverhältnis kündigen. Der Vermieter würde damit nur das Insolvenzrisiko seines Vertragspartners tragen, nicht das Insolvenzrisiko eines Dritten, zu dem der Vermieter keine eigene Rechtsbeziehung hat.

Der Insolvenzrechtler Prof. Dr. Georg Bitter an der Universität Mannheim hält deshalb die Vorschrift des § 267 Abs. 2 BGB, wonach der Gläubiger Drittzahlungen nur zurückweisen kann, wenn der Schuldner widerspricht, für verfassungswidrig.

Ich meine, dass die Lösung einfacher gefunden werden kann, nämlich über den allgemeinen Rechtsgrundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB). Danach ist ein Gläubiger berechtigt, Leistungen durch Dritte zurückzuweisen, wenn der Gläubiger ein berechtigtes Interesse gerade an der Leistung durch den Schuldner hat. Da der Gläubiger bei Drittzahlungen das Insolvenzrisiko des Dritten für die Dauer von 4 Jahren tragen müsste, hat er ein berechtigtes Interesse an der Zurückweisung der Drittzahlung. Deshalb kann er die Zahlung nach § 242 BGB zurückweisen. Das führt zwar dazu, dass die Vorschrift des § 267 Abs. 2 BGB in vielen Fällen nicht zur Anwendung kommt. Das Interesse des Vermieters, das Insolvenzrisiko eines Dritten, den der Vermieter sich als Vertragspartner nicht ausgesucht hat, auch nicht übernehmen zu müssen, lässt aber keine andere Lösung zu.

Rechtliche Unsicherheit

Bisher gibt es keine Rechtsprechung zur Zurückweisung von Zahlungen eines Dritten wegen des bestehenden Insolvenzrisikos. Wenn der Vermieter die Zahlung des Dritten zurückweist und der Mieter die Mietzahlungen nicht selbst vornimmt, kann der Vermieter das Mietverhältnis wegen des Zahlungsverzuges kündigen. Die Klärung der strittigen Frage erfolgt dann in dem Räumungsprozess des Vermieters mit allerdings unsicherem Ausgang. Deshalb sollten Vermieter eine Regelung dieser Frage in den jeweiligen Mietvertrag aufnehmen.

Regelung im Mietvertrag

In den Mietvertrag sollte eine Regelung aufgenommen werden, dass die Zahlungen der Miete nur durch den Mieter vorgenommen werden dürfen. Die Vereinbarung einer höchstpersönlichen Zahlungspflicht des Mieters ist  rechtlich zulässig.

Zusammenfassung

Der Vermieter kann nach der gesetzlichen Regelung die Zahlung eines Dritten nicht zurückweisen. Drittzahlungen sind aber für die Dauer von 4 Jahren mit dem Risiko der Rückzahlungspflicht in der Insolvenz des Dritten behaftet. Deshalb sollte der Vermieter Drittzahlungen zurückweisen, weil er ein berechtigtes Interesse an der Zahlung durch den Mieter hat.

Wegen der gesetzlichen Regelung des § 267 Abs. 2 BGB bleibt aber eine rechtliche Unsicherheit. Deshalb ist eine Regelung zum Ausschluss der Drittzahlungen im Mietvertrag zu empfehlen.

Regelungsvorschlag

Die Regelung im Mietvertrag kann zum Beispiel so formuliert werden:

Der Mieter ist verpflichtet, alle Zahlungen nach dem Mietvertrag höchstpersönlich zu erbringen. Drittzahlungen haben nur schuldbefreiende Wirkung, wenn der Vermieter in Textform erklärt, dass er die Drittzahlung mit schuldbefreiender Wirkung akzeptiert.

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