Kündigung eines Werk- oder Bauvertrages

Mit der am 1. Januar 2018 in Kraft tretenden Reform des Werk- und Bauvertragsrechts werden auch wesentliche Neuregelungen für die Vertragskündigung eingeführt. Das betrifft insbesondere das Recht zur außerordentlichen Kündigung, aber auch die Einführung einer gesetzlichen Schriftform für die Kündigung bei Bauverträgen.

I.  Freie Auftraggeberkündigung

Werk- und Bauverträge können vom Auftraggeber jederzeit gekündigt werden. Diese sog. freie Auftraggeberkündigung ist zukünftig in § 648 BGB (n.F.) geregelt. Die bisherige Regelung ist § 649 BGB.

Inhaltich bleibt die Regelung unverändert. Der Auftraggeber kann jederzeit kündigen. Der Unternehmer behält seinen vertraglichen Vergütungsanspruch. Er muss sich aber dasjenige anrechnen lassen, was er infolge der Kündigung erspart. Der Unternehmer hat also praktisch einen Anspruch auf entgangenen Gewinn bezüglich der nicht ausgeführten Teilleistungen. Er kann also die vollständige Vergütung für die erbrachten Teilleistungen und den entgangenen Gewinn für die nicht erbrachten Teilleistungen abrechnen. Für die nicht erbrachten Teilleistungen gibt es eine Beweiserleichterung. Nach der gesetzlichen Regelung wird vermutet, dass der entgangenen Gewinn 5 % der auf die nicht erbrachten Leistungen entfallenden Vergütung beträgt. Nur dann, wenn der  Unternehmer mehr als 5 % für die Vergütung für die nicht erbrachten Leistungen erhalten will, muss er den vollständigen Vergütungsanspruch und die konkret ersparten Aufwendungen darlegen und beweisen.

II. Die Kündigung aus wichtigem Grund

§ 648 a BGB n.F. enthält ein bisher nicht gesetzlich geregelte Kündigungsmöglichkeit aus wichtigem Grund. Inhaltlich wird damit gesetzlich geregelt, was auch nach der bisherigen Rechtslage anerkannt war. Jede Vertragspartei kann einen Werkvertrag oder Bauvertrag ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen, wenn nach den Umständen des Einzelfalles unter Berücksichtigung der gegenseitigen Interessen eine Fortsetzung des Vertragsverhältnisses nicht zumutbar ist. Man wird auch nach der Neuregelung auf die bisherige Rechtsprechung zu den außerordentlichen Kündigungsgründen zurückgreifen können, da eine inhaltliche Änderung mit der Neuregelung nicht beabsichtigt war.

III. Teilkündigung aus wichtigem Grund

Nach der bisherigen Rechtslage war eine Teilkündigung nur möglich im Hinblick auf in sich abgeschlossene Teile einer Werkleistung. Es musste sich also um selbständig benutzbare funktionsfähige Teilleistungen handeln. Nach der Neuregelung in § 648 a Abs. 2 BGB genügt es bereits, dass sich die Kündigung auf abgrenzbare Teilleistungen bezieht. Die Möglichkeit einer Teilkündigung wird also wesentlich erweitert.

IV. Leistungsfeststellung nach Kündigung

Die wichtigste Änderung dürfte die Regelung zur gemeinsamen Feststellung des Leistungsstandes sein. Jede Vertragspartei kann nach der Kündigung die gemeinsame Leistungsstandsfeststellung verlangen. Verweigert eine Partei die Leistungsfeststellung oder bleibt einem mit einer angemessenen Frist bestimmten Termin fern, trifft diese Partei die Beweislast für den Leistungsstand im Kündigungszeitpunkt.

Diese Regelung erleichtert dem Unternehmer die Abrechnung des gekündigten Werk- oder Bauvertrages. Nach der Kündigung kann der Unternehmer die Feststellung des Leistungsstandes verlangen und dafür einen Termin mit einer angemessenen Frist bestimmen, wenn eine Vereinbarung über den Termin nicht zustande kommt. Die Abrechnung kann dann auf der Basis des gemeinsam festgestellten Leistungsstandes erfolgen. Wenn der Besteller oder Bauherr die gemeinsame Feststellung verweigert, kann der Unternehmer eine einseitige Feststellung des Leistungsstandes vornehmen und danach abrechnen. Dieser einseitige Leistungsstand ist zwar nicht verbindlich. Es liegt aber am Bauherrn, einen anderen Leistungsstand als den vom Unternehmer festgestellten Leistungsstand zu beweisen.

Auch der Besteller oder Bauherr kann die Feststellung des Leistungsstandes verlangen. Das wird insbesondere in den Fällen der Kündigung durch den Besteller sinnvoll sein, wenn die Vergütung für die erbrachten Leistungen hinter den bereits geleisteten Abschlagszahlungen zurückbleibt.

V. Keine Leistungsfeststellung bei der freien Auftraggeberkündigung

Die Regelung zur Leistungsfeststellung gilt nur für die außerordentliche fristlose Kündigung, nicht für die freie Auftraggeberkündigung. Trotzdem dürfte es zur Streitvermeidung sinnvoll sein, eine Zustandsfeststellung vorzunehmen, am besten auch gemeinsam. Das ist insbesondere für den Unternehmer wichtig, der eine prüffähige Abrechnung getrennt nach erbrachten Teilleistungen und nict erbrachten Teilleistungen vornehmen  muss.

VI. Schriftform der Kündigung

Die Kündigung von Bauverträgen bedarf nach § 650 h BGB (n.F.) der Schriftform. Das bedeutet, dass die Kündigungserklärung mit einer Unterschrift versehen der anderen Vertragspartei zugehen muss. Die Übersendung eines PDF-Kündigungsschreibens oder eine Kündigung per Telefax genügt nicht.

Wenn die Kündigung durch einen Bevollmächtigten ausgesprochen wird, sollte dem Kündigungsschreiben auch immer eine vom Vollmachtgeber im Original unterschriebene Vollmachtserklärung beigefügt werden, da sonst der andere Teil die Kündigung zurückweisen kann (§ 174 BGB). Eine Vollmacht ist nicht erforderlich, wenn sich die Vertretungsberechtigung aus dem Handelsregister ergibt, insbesondere bei einer Kündigung durch einen Prokuristen.

Wichtig ist auch, dass der Zugang der Kündigung nachweisbar ist. In der Regel empfiehlt sich eine Übersendung des Kündigungsschreibens per Einwurf-Einschreiben. Eine Kündigung per Einschreiben mit Rückschein genügt nicht, wenn der Empfänger das Einschreiben nicht entgegennimmt und auch nicht das bei der Post hinterlegte Schreiben abholt. Dann ist das Kündigungsschreiben nicht zugegangen. Dem Kündigenden bleibt dann nur die Argumentation der Zugangsvereitelung. Allein die Tatsache, dass ein Einschreiben nicht abgeholt wird, begründet aber noch nicht den Vorwurf der Zugangsvereitelung.

Das strenge gesetzliche Schriftformerfordernis gilt nur für die Kündigung von Bauverträgen. Andere Werkverträge können auch ohne Einhaltung der gesetzlichen Schriftform gekündigt werden. Sofern, wie in Verträgen allgemein üblich, für die Kündigung eine Schriftform vertraglich vorgesehen ist, genügt hier die Kündigung per E-Mail oder Telefax (sog. Textform).

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Eine Antwort

  1. Im Frühjahr sagten wir aufgrund eines Wasserschadens die Ausführung einer Dachsanierung des im Herbst 2016 geschlossenen Werkvertrages ab. Erst im Juni 2018 erhielten wir wider Erwarten die Anfrage der Fa., ob sie die Ausführung fest einplanen könne. Unserer Absage folgte eine Zahlungsaufforderung in Höhe von 33 %, davon 22 % Provision, im Vorfeld weder im Vertrag noch mündlich vereinbart.
    Trotzdem entschieden sich das Amts- sowie das Landgericht für die Klägerpartei. Gibt es keine rechtliche Grundlage? Müssen wir diese Ungerechtigkeit so hinnehmen oder?
    Welche Möglichkeiten bleiben uns?

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