Widerruf von Darlehensverträgen zur Baufinanzierung

Angesichts historisch niedriger Zinsen für Baukredite träumen viele Kreditnehmer von der Chance ihre alten Darlehen „umzutauschen“. Banken sind zu einer vorzeitigen Ablösung des Darlehens aber in der Regel nur gegen Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung bereit. Die Höhe der Vorfälligkeitsentschädigung übersteigt regelmäßig die potenzielle Zinsersparnis und macht eine Umschuldung nicht lohnenswert.

In dieser Konstellation könnte Verbrauchern der Widerruf des alten Darlehensvertrags helfen. Aufgrund von Gerichtsentscheidungen der letzten Jahre wurde festgestellt, dass insbesondere die Widerrufsbelehrungen in Darlehensverträgen, die zwischen 2002 und 2010 abgeschlossene wurden, oft fehlerhaft sind. Dann besteht das Widerrufsrecht fort. Mittlerweile ist sogar schon von einem „Widerrufsjoker“ die Rede.

1. Anforderungen an eine Widerrufsbelehrung

Darlehensverträge mit Verbrauchern müssen Widerrufsbelehrungen enthalten. Die Widerrufsfrist beträgt regelmäßig aber nur 14 Tage. Dieser Zeitraum scheint für die meisten Darlehensnehmer lange abgelaufen. Allerdings stellt das Gesetz an den Inhalt und die Form der Widerrufsbelehrung erheblicher Anforderungen. Verbraucher müssen u.a. über die Möglichkeit des Widerrufs, die Frist, die Art und Weise und die damit verbundenen Rechtsfolgen korrekt aufgeklärt werden. Außerdem muss die Widerrufsbelehrung textlich im Vergleich zum restlichen Darlehensvertrag so hervorgehoben werden, dass ein durchschnittlicher Verbraucher sie in ihrer Bedeutung wahrnimmt. Die Verbraucherzentrale Hamburg hat Anfang des Jahres Darlehensverträge überprüft und ist dabei zu dem Ergebnis gekommen, dass etwa 80 % der Widerrufsbelehrungen fehlerhaft sein sollen.

2. Große Anzahl fehlerhafter Widerrufsbelehrungen

Entspricht die Widerrufsbelehrung eines Kreditinstituts nicht den gesetzlichen Anforderungen beginnt die Widerrufsfrist nicht zu laufen und das Widerrufsrecht bleibt über Jahre bestehen. In den letzten Jahren haben Gerichte, bis hin zum Bundesgerichtshof, über die Wirksamkeit einer Vielzahl von Formulierungen in Widerrufsbelehrung erstmals entschieden. Dabei hat sich herausgestellt, dass fast alle Abweichungen vom gesetzlichen Muster fehlerhaft sind (BGH, Urt. v. 31.10.2002 – I ZR 132/00; BGH, Urt. v. 9.12.09 – VIII ZR 219/08, BGH, Urt. v. 10.3.09 – XI ZR 33/08, BFGH, Urt. v. 01.12.2010 – VIII ZR 82/10). Dies hat zur Folge, dass momentan eine hohe Anzahl von Altverträgen bestehen, die auch jetzt noch widerrufen werden können.

3. Folgen einer fehlerhaften Widerrufsbelehrung

Folge eines Widerrufs ist, dass der Darlehensvertrag rückabgewickelt wird und die bisher empfangenen Leistungen mit marktüblichen Zinsen zurückzugewähren sind. Der Darlehensvertrag ist rechtlich nie wirksam gewesen. Dies bedeutet, dass das Kreditinstitut die bezahlten Raten zuzüglich marktüblicher oder tatsächlich erzielter Zinsen zurückzahlen muss. Im Gegenzug muss der Darlehensnehmer das gesamte Darlehen ablösen. Auch er ist verpflichtet, für die Darlehenszeit marktübliche Zinsen auf die Darlehenssumme zu bezahlen.

4. Kein Anspruch auf eine Vorfälligkeitsentschädigung

Einige Kreditinstitute verweigern die Rückabwicklung des Vertrages trotz bekannter Fehler in der Widerrufsbelehrung und fordern für die vorzeitige Ablösung eine (reduzierte) Vorfälligkeitsentschädigung. Dem Kreditinstitut steht, weil kein wirksamer Darlehensvertrag bestand, zwar regelmäßig auch keine Vorfälligkeitsentschädigung zu (LG Karlsruhe, Urt. v. 11.04.2014 – 4 O 395/13). Der Darlehensnehmer ist aber auf die Mitwirkung des Kreditinstituts angewiesen, um eine Löschung oder Übertragung der Grundpfandrechte zu erreichen. Ohne grundbuchrechtliche Sicherung sind auch andere Kreditinstitute nicht zu Darlehen oder auch nur zur Erteilung einer Finanzierungsbestätigung bereit. Ist ein Gerichtsverfahren erforderlich, kann einiges an Zeit vergehen.

In diesem Fall kann eine Lösung sein, dem Kreditinstitut die geforderte Vorfälligkeitsentschädigung zunächst zu bezahlen und erst nach Löschung des Grundpfandrechts den Widerruf zu erklären und die Vorfälligkeitsentschädigung zurückzufordern. Die Zulässigkeit dieses Vorgehens ist zwischen den Untergerichten aber umstritten (einerseits LG Karlsruhe, Urt. v. 11.04.2014 – 4 O 395/13, andererseits AG Bonn, Bsl. v. 18.09.2013 – 108 O 204/13), obergerichtliche Rechtsprechung liegt bisher nicht vor.

5. Fazit

Wer über eine Umschuldung nachdenkt, für den könnte der Widerruf des alten Darlehensvertrages eine kostengünstige Lösung sein. Hier ist allen Darlehensnehmern zu raten, die Widerrufsbelehrung im eigenen Darlehensvertrag überprüfen zu lassen. Weil ein Großteil der zwischen 2002 und 2010 von Kreditinstituten verwendeten Widerrufsbelehrungen fehlerhaft ist, bietet sich hier gute Chancen. Jedenfalls verbessert sich die Verhandlungsposition gegenüber dem Kreditinstitut enorm.

Die Erfahrungen der letzten Monate mit widerrufen Darlehensverträgen zeigen, dass die Banken sich vorgerichtlich oft stur stellen. Kommt es dann zu einem Prozess steigt die Vergleichsbereitschaft enorm. Banken bieten Ersatz des Zinsschadens oder (rückwirkend) eine Umstellung der Kredits mit wesentlich günstigeren Konditionen an.

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