Architekt darf Mängelbeseitigung nicht an sich reißen

Ausführende Unternehmen und bauüberwachender Architekt haften für Mängel jeweils als Gesamtschuldner. Der Architekt kann deshalb neben dem Bauunternehmer in Anspruch genommen werden, wenn das Bauwerk mangelhaft ist. Weil der Architekt zur Unterhaltung einer Haftpflichtversicherung verpflichtet ist und die Versicherung ein sehr solventer Schuldner, ist es nicht unüblich, dass der Architekt sogar vorrangig in Anspruch genommen wird, nachdem der Bauunternehmer die Mängelbeseitigung nicht vorgenommen hat. In Architektenverträgen ist daher häufig eine Klausel zu finden, die dem Architekten die Beseitigung des Schadens überträgt. Das bedeutet, dass der Architekt das Wahlrecht hat, einen auf Geld gerichteten Schadensersatzanspruch gegen ihn in einen auf Naturalrestitution gerichteten Anspruch auf Mangelbeseitigung umzuwandeln.

Der BGH hat nunmehr entschieden, dass eine solche Klausel unwirksam ist.

I. Die Entscheidung des BGH vom 16.02.2017

Der Kläger fordert vom beklagten Architekten Schadensersatz wegen Planungsfehlern und wegen mangelhafter Objektüberwachung.

Der Kläger hatte den Beklagten mit sämtlichen Leistungsphasen im Zusammenhang mit dem Bauvorhaben beauftragt. Der vom Beklagten gestellte Architektenvertrag enthielt dabei die folgende Klausel:

„Wird der Architekt wegen eines Schadens am Bauwerk auf Schadensersatz in Geld in Anspruch genommen, kann er vom Bauherrn verlangen, dass ihm die Beseitigung des Schadens übertragen wird.“

Nach Ausführung der Bauleistungen stellte sich heraus, dass die Trockenbauarbeiten mangelhaft durchgeführt waren. Die Mangelhaftigkeit war in einem gerichtlichen Gutachten festgestellt worden. Dennoch wurde durch Bauunternehmer keine Mängelbeseitigung durchgeführt.

Deshalb nahm der Kläger den Beklagten auf Zahlung der Mängelbeseitigungskosten in Anspruch, ohne ihn vorher zur Mangelbeseitigung aufgefordert zu haben. Die Versicherung des Beklagten hatte von diesen nur einen Teil übernommen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und auch die Berufung vor dem Oberlandesgericht Osnabrück war ohne Erfolg geblieben. Aufgrund der Klausel im Architektenvertrag habe der Architekt das Recht, den Schadensersatzanspruch in einen auf Naturalrestitution gerichteten Anspruch umzuwandeln. Dieses Recht stehe dem Architekten auch noch im Prozess zu. Die Klausel verstoße nicht gegen AGB-Recht, da sie den Schadensersatzanspruch des Aufraggebers nur modifiziere und auf das gesetzliche Leitbild des § 249 BGB (Naturalrestitution) zurückzuführen sei.

Der Bundesgerichtshof hat das Berufungsurteil aufgehoben und an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Die vertragliche Klausel ist in einem vom Architekten als allgemeine Geschäftsbedingung gestellten Vertragswerk nach Ansicht des BGH unwirksam. Zwar stellt die Klausel keinen Verstoß gegen § 308 Nr. 4 BGB oder § 309 Nr. 8 BGB dar und ist auch keine unzulässige Haftungsbeschränkung gemäß § 309 Nr. 7 a) und b) BGB, da die Mängelrechte des Bauherren gegenüber dem Architekten lediglich modifiziert werden.

Die Klausel benachteiligt den Bauherrn jedoch gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unangemessen. Der Architekt schuldet grundsätzlich Schadensersatz (neben der Leistung) und eben keine Beseitigung des Mangels. Die Mängel können nicht durch Nacherfüllung der Architektenleistung beseitigt werden. Würde man dem Architekten nun jedoch die Schadensbeseitigung zu billigen, würden die Rechte des Auftraggebers wesentlich beschränkt werden, ohne dass ihm ein angemessener Ausgleich gewährt wird oder ihm die Möglichkeit verbleibt, die Ausübung des Optionsrechts durch den Architekten abzulehnen. Der Architekt könnte dem Auftraggeber daher die Beseitigung des Mangels – regelmäßig durch eine bisher nicht involvierte und dem Bauherren unbekannte Drittfirma – aufzwingen, auch wenn dieser die Beseitigung über nicht mehr anstrebt. Zudem kann die Mängelbeseitigung dem Auftraggeber nicht mehr zumutbar sein, da er wegen des Mangels sein Vertrauen in die fachliche Kompetenz des Architekten verloren hat.

II. Fazit

Die Entscheidung des BGH ist sehr praxisrelevant, sowohl in der außergerichtlichen als auch in der gerichtlichen Praxis. Architekten müssen ihre Vertragsformulare anpassen und auch in der Rechtsprechung sind Änderungen zu erwarten.

 

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